Assistenzarzt-Blog: Mein dänisches Facharzt-Karussell

Nach ihrem Medizinstudium in Deutschland zog es Katja Kilb nach Dänemark, um dort ihre fachärztliche Weiterbildung zu machen. Auf Operation Karriere berichtet sie von ihren Erfahrungen als angehende Anästhesistin.

Katja Kilb

Bloggerin und Assistenzärztin Katja Kilb

Nach einem halben Jahr im peripheren Krankenhaus geht die Reise weiter an die Uniklinik in Odense. 
Da ich ja im Facharzt-Lotto gewonnen und eine Rotation direkt in meiner Heimatstadt gezogen habe, war das auch das Krankenhaus, das ich schon von meinem Introjahr her kannte. Es war also im ersten halben Jahr meiner Facharztausbildung ein bisschen wie nach Hause kommen. Aber jetzt sollte es an die Uniklinik in Odense gehen. Bisher war ich nur nach Odense gekommen, um Patienten abzugeben, z.B. aus meiner Zeit als medizinische “Forvagt” (direkt übersetzt: Vorwacht/Vordienst), Assistenzarzt eben. ☺ 
Auch aus meiner Zeit als Anästhesie-”Forvagt” in Svendborg und Slagelse kannte ich dieses Klinikum. Hier haben wir hauptsächlich Patienten mit oberer GI-Blutung, chirurgischer Indikation, also Polytraumata, neurochirurgischer Indikation, sprich Schädelhirn-Traumata, oder atraumatischer intracranieller Blutungen etc. verlegt. 
Jetzt also sollte ich diese Patienten annehmen und weiter betreuen. Das Haus ist riesig; mit über 1000 Betten, fast 9000 Angestellten, davon allein 1448 Ärzte, 2969 Schwestern und Pfleger. Es ist das größte zusammenhängende Haus in ganz Dänemark, da das Rigshospital in Kopenhagen auf mehrere Kliniken in der Stadt verteilt ist. Die Anästhesie ist die größte Abteilung im Haus, hier sind über 900 Menschen angestellt, davon 130 Ärzte. Es war schwierig sich zu orientieren. Die ersten Tage war ich eigentlich nur froh, wenn ich die rudimentärsten Dinge geregelt bekam: Wo ist hier die nächste Toilette, wo war Saal 3 nochmal genau, und wie war der Weg zur Kantine?

Für Anästhesiesten – auch in Dänemark – das allerwichtigste: Die Kaffeekasse!!!! 

Wo und wie gibt´s hier Kaffee und welche Regeln gibt es hierzu?

Die Abteilung Anästhesie ist am OUH (Odense Universitäts Hospital) so groß, dass sie viele Untereinheiten hat. Im Grunde gibt es für jeden Operationsgang eine eigene Abteilung. Die Operationsgänge der Orthopädie, HNO (inkl. Druckkammer), Augen, Plastische Chirurgie, Abdominal-Chirurgie und Gynäkologie sind in einer zumindest für die Nacht-und Wochenend-Dienste übergeordneten Abteilung zusammengefasst, die hier KLAN (Klinische Anästhesie) genannt wird. Für normale Werktage hat aber jede Abteilung ihren eigenen Operationsgang und ihre eigene Belegschaft inkl. Abteilungs-Leitung.  Die Operationsgänge der mehr spezialisierten Fachrichtungen wie Neurochirurgie und Herz-Lungen-Gefäss-Thorax-Chirurgie haben ihre eigene Dienstbereitschaft. Genau wie auch die Intensivstation. 

Insgesamt gibt es hier im Haus vier Intensiv-Stationen, die von Anästhesisten geleitet werden. Die Allgemeine Intensiv, die Kinderintensiv, eine Neuro-(chirurg.) Intensiv und eine Gefäß- und Thorax-Chirurgische Intensiv. Des Weiteren gibt es ein Schmerz-Zentrum für Patienten mit chronischen Schmerzen.  Denn auch das übernehmen hier, wie auch in Deutschland, die Anästhesisten. Hier kümmern wir uns allerdings auch um psychosomatische Aspekte der Schmerzen, weil es in Dänemark keine Fachrichtung Psychosomatik gibt. 

Internistischer Schockraum

Da ich im orthopädischen Operationsgang anfing, hatte ich ab der ersten Woche tagsüber das Dienst-Telefon. Hier ist man tagsüber verantwortlich dafür die kritisch erkrankten Patienten in der Notaufnahme in Zusammenarbeit mit den Medizinern aufzunehmen, quasi ein internistischer Schockraum. Diagnostik fahren und mit dem Diensthabenden auf Intensiv zusammen entscheiden in wie weit dieser Patient Intensiv-Kandidat ist, da man als anästhesiologische Diensthabende oft nur dazu gerufen wird, wenn die Patienten respiratorische oder zirkulatorische Probleme haben. Und so steht man da plötzlich und nimmt einen Patienten entgegen, den man früher mit Erleichterung abgegeben hat. Aber man hat zum Glück schon Erfahrung mit der Behandlung solcher Patienten und so kann man sich auf die neuen Dinge konzentrieren. 

Meine Reise innerhalb der Uniklinik gleicht einem Facharzt-Karussell, da man nur kurz in den einzelnen Abschnitten verweilt. Die ersten 6 Monate starte ich mit je 2 Monaten in der Orthopädie/Unfallchirurgie, danach geht es in der HNO/Augen/Plastik-Chirurgie weiter, um dann mit 2 Monaten Gynäkologie abzuschließen. Darauf folgen 4 Monate Neurochirurgie inkl. neurochirurgischer Intensiv. Dann 6 Monate allgemein Intensiv, worauf 4 Monate Thorax-und Gefäß-Chirurgie inkl. thoraxchir. Intensiv  folgen und ich persönlich schließe dann mit 4 Monaten Abdominal-Chirurgie ab, in denen nochmal 4 Wochen ein Fokus auf Kinderanästhesie gelegt wird. Nach diesen intensiven 2 Jahren geht es dann wieder zurück an mein peripheres Haus. 

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