„Viele junge Menschen streben danach, einen Beruf zu erlernen, der lebenslang zufriedenstellend ist“, so der pensionierter Internist und Pneumologe Dr. med. Dietrich Rohde auf dem Operation-Karriere-Kongress des Deutschen Ärzteverlages im November letzten Jahres. Dieses ambitionierte Ziel gelte auch für Ärzte. In der Medizin gäbe es gleichwohl inzwischen derart viele Möglichkeiten der Spezialisierung nach der universitären Grundausbildung, dass es schwierig sei, sich zurechtzufinden. Die Innere Medizin als „Mutter“ der konservativen Gebiete Allgemeinmedizin, Kardiologie, Pneumologie und Gastroenterologie biete indes nach wie vor gute Chancen für eine Orientierung. Als sehr sinnvoll erachtet Rohde in diesem Zusammenhang die Auflösung der starren Sektorengrenzen sowohl in der Versorgung als auch bei der Weiterbildung.
Ein Beispiel für eine gelungene sektorübergreifende Weiterbildung ist das Modell Wuppertal. Bei dem Projekt werden Assistenzärzte der Pneumologie vom Helios Klinikum Wuppertal ein halbes Jahr lang von Montag bis Donnerstag jeweils vier Stunden in der Gemeinschaftspraxis „aeroprax“ weitergebildet. Dadurch werden Krankheitsbilder, die vorrangig ambulant betreut werden, wie Allergien und Asthma bronchiale, gezielter in die Weiterbildung eingebaut.
Testphase Praxisbetrieb
„Die Weiterzubildenden erhalten bereits während ihrer klinischen Weiterbildungszeit tiefer gehende Einblicke in beide Versorgungsebenen, die bei der zukünftigen Entscheidung über die endgültige Form der Berufsausübung hilfreich sein werden“, kommentiert der Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein, Bernd Zimmer, das Modell. „So kann nach der Praxisphase fundierter entschieden werden, ob die zukünftige Berufsausübung als Facharzt selbstständig oder angestellt, in Klinik oder in einer Einzel- oder Gemeinschaftspraxis erfolgen soll.“
Auch von den niedergelassenen Pneumologen wird der Gedankenaustausch mit den in Weiterbildung befindlichen Kolleginnen und Kollegen über Patienten im Praxisbetrieb als Gewinn betrachtet. Bei einem geplanten Ausstieg eines Vertragsarztes aus seiner Praxistätigkeit bestehe zudem die Möglichkeit, aus dem Pool vormals gemeinsam Weitergebildeter einen geeigneten Nachfolger zu finden.
Als eine weitere Herausforderung für das Fach sieht die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) die Überwindung der kompetitiven Koexistenz hoch spezialisierter und bedingt kooperierender Versorgungseinheiten an. An deren Stelle sollten patientenfokussierte, fachübergreifende Organisationsstrukturen stehen, fordert die DGIM-Vorsitzende Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger im Vorfeld des diesjährigen Internistenkongresses Ende April in Mannheim. Eine zukunftsweisende, qualitäts- und ebenso kostenorientierte, integrierte medizinische Versorgung benötige selbstverständlich auch eine Spezialisierung – jedoch orientiert am Zentrum der Versorgungsmaßnahmen, dem Patienten, so Schumm-Draeger.
Vielmehr als bisher sollten zudem genderspezifische Aspekte in Diagnostik und Therapie berücksichtigt werden, um eine effektivere Behandlung zu ermöglichen. Eine wirklich patientenorientierte Versorgung müsse darüber hinaus nicht nur den demografischen Wandel und die Besonderheiten der Medizin im höheren Lebensalter im Blick haben, sondern insbesondere einer individuellen Pharmakotherapie Rechnung tragen, um gerade beim alten Menschen eine Polypharmakotherapie soweit als möglich zu vermeiden.
Internisten müssen sich ferner in Zukunft auch verstärkt mit der Digitalisierung der Medizin und den sich daraus ergebenden Veränderungen der Versorgung auseinandersetzen. „Gleichzeitig bietet diese Entwicklung große Chancen, wie es zum Beispiel die Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnologie in der Diabetestherapie zeigen“, betont die DGIM-Vorsitzende.